Die Studentengruppe, die unter dem Namen »Weiße Rose« bekannt wurde, rüttelt wach – bis heute. Ihre Geschichte ist komplex und birgt zum Teil unlösbare Rätsel. Das Bewegende ist aber nicht nur der Verlauf der Ereignisse, sondern wofür diese Menschen standen: ihre Gedankenwelt, ihr Leben mit Literatur, Philosophie und Kunst.
Eine wichtige Figur dieses Kreises, die immer im Hintergrund blieb, war Traute Lafrenz. Eng befreundet mit Hans Scholl, aber auch mit Alexander Schmorell oder den Hamburgern Gretha Rothe und Heinz Kucharski, hat sie wie durch ein Wunder Haft und Verhöre überlebt. Peter Normann Waage zeichnet das bewegende Porträt dieser faszinierenden Zeitgenossin und stellt die Rolle dar, die sie im Freundeskreis der Weißen Rose spielte.
Die Medizinstudentin Traute Lafrenz lernte Hans Scholl 1941 in München kennen und wurde seine Freundin. Sie initiierte Leseabende, die im Münchener Freundeskreis eine zentrale Rolle spielten und den geistigen Nährboden der Flugblätter der Weißen Rose darstellten. Der Familie Scholl in Ulm blieb sie verbunden, auch als ihre Beziehung zu Hans endete. So verbrachte sie die schwere Zeit nach der Verhaftung und Hinrichtung von Hans und Sophie Scholl als Einzige aus dem Freundeskreis in unmittelbarem Kontakt zur Familie.
In den Verhören gelang es Traute Lafrenz, der Gestapo ihre Rolle als harmlos zu verkaufen – obwohl sie Flugblätter nach Hamburg mitgenommen und so die Verbindung zum sogenannten Hamburger Zweig der Weißen Rose geschaffen hatte – und auch keinen ihrer Freunde weiter zu belasten. Von März 1943 bis zum Kriegsende war sie in Haft und entging nur knapp einer zweiten Verurteilung im Zusammenhang mit dem Hamburger Widerstand. Nach dem Krieg schloss sie ihr Medizinstudium ab und ging 1947 nach Amerika. Dort leitete sie die »Esperanza School« in Chicago, eine Schule für behinderte und emotional verstörte Kinder und Jugendliche aus den armen Teilen der Stadt.
Traute Lafrenz verstarb am 6. März 2023 im Alter von 103 Jahren.