Die beiden Bücher setzen einen neuen Standard in der Templerforschung, sowohl was das Historische, als auch die geisteswissenschaftlichen Hintergründe betrifft. Ich sage das, weil ich schon viel zum Thema gelesen habe, bisher aber nirgends einen solchen Überblick fand.
Bernhard Steiner
Schärfer noch als in anderen Ländern ist in Deutschland, dem deutschen Kulturraum, die Kluft verspürbar, welche die wissenschaftliche (“akademische”) Beschäftigung mit geschehener Vergangenheit von deren ungenierter Verwendung für die Bedürfnisse der Gegenwart trennt; ein Institut für Alte Geschichte mag sich einen Sandalenfilm ansehen, aus Freude, Erhabenes zu relativieren; auch, Erzeugnisse für einen Massengeschmack zu zerlegen. Mediävisten können sich zum Mythos über Robin Hood analysierend äußern.
Aber hier ist das Mittelalter wohl noch stärker als in anderen Ländern ein schwieriges Gelände, patriotischen Missbrauchs wegen. Vielleicht ist die genannte Kluft auf dem Territorium des früheren Reiches darum noch größer: Einerseits gibt es immer noch eine häufig konservative Mediävistik, die seit den Anfängen unter dem Freiherrn von und zum Stein ungebrochen Akten ediert und Stammbäume nachzeichnet. Auf der anderen Seite erfreut sich das Mittelalter im Alltagsbereich der Rollenspiele, Computerunterhaltung, der Ritterbälle und Mittelaltermärkte, auch der “gotischen” Musik einer Beliebtheit, welche mit seiner Aufgabe in den Lehrplänen der Universitäten in scharfem Kontrast steht. Und inhaltlich nicht ungefährlich ist. Manche Mediävisten weichen aus, übernehmen philosophische und literaturwissenschaftliche Modelle, welche Missbrauch ausschließen sollen, das somit herausgefundene Wissen freilich für eine breite Öffentlichkeit unzugänglich hinterlassen. Eine dekonstruierende Lektüre des Nibelungenliedes macht das Werk nicht unmittelbar zugänglicher.
Es gibt in deutscher Sprache mithin verständlicherweise nur wenige Arbeiten, welche das Mittelalter verstehbar darstellen wollen ohne sich der bloßen Konsumtion der Geschichten um Magier und Hexen zu überlassen. Selbst ein Tolkien trennte seine Arbeiten als Indogermanist deutlich von seinen Arbeiten an der Wurzel von “Fantasy.” Und just zum Thema dieses Buches von Andreas Meyer hätte dies kaum jemand erwartet: ein klar geschriebenes, verständliches Unternehmen eines Mannes, der die Sprachen, Mittellateinisch und Altfranzösisch, immerhin, selbst Griechisch, beherrscht. Der durch Lektüre weiß, wie man einen historischen Sachverhalt den narrative oder dokumentarischen Quellen entnimmt, versuchsweise; der theologische Vorbildung erhalten hat und es versteht, die Parteilichkeit seiner Zeugnisse offenzulegen. Und der trotzdem die “Fakten” nicht für den Tenor der Geschichte hält, sondern aus seiner Position heraus das Gesicherte seinem Leser so vorstellt (in jedem Sinne), dass er - oder sie – die Zeichen dann lesen mag. Ein guter Ausdruck fällt gleich zu Beginn; Respekt vor den Quellen. Und der Leser – oder die Leserin – muss schon bis zu Lothar Baiers “Großer Ketzerei” gehen, ein derart stimmiges Buch über ein kontroverses Thema, das zu häufig verstellt wurde, zu finden. Dass das Buch auch noch an der Schnittstelle zwischen der Christenheit und dem Islam erzählt, das macht es nur noch besser. Aufklärung mithin, nüchtern und lesbar.
Prof. Dr. Niehoff-Panagiotidis
Lehrstuhlinhaber für Byzantinistik an der FU-Berlin