Öffentliche Vorträge im Architektenhaus Berlin 1903 - 1918
Mehr als zwei Jahrzehnte hat Rudolf Steiner in öffentlichen Vorträgen über Anthroposophie und über die Ergebnisse anthroposophischer Forschung gesprochen.
Er behandelte in diesen «einführenden Vorträgen» unter anderem das Wesen des Menschen und die Zukunft der Menschheit, übersinnliche Erkenntnisse und religiöse Themen, die Entwicklung der Erde, aber auch herausragende Persönlichkeiten der Kulturgeschichte, die Beziehungen der Anthroposophie zu einzelnen
Fachwissenschaften, die verschiedensten sozialen Belange sowie praktische Lebensfragen. Die unterschiedlichsten Sachthemen werden von einem spirituellen Gesichtspunkt neu beleuchtet, spirituelle Themen mit differenzierter Sachlichkeit neu aufgeschlüsselt. Es geht bei diesen Vorträgen jedoch nicht darum, einen Kanon anthroposophischen Wissens festzulegen, geschweige denn ein in dieser Form zu tradierendes Lehrgut. Umso mehr stellt sich die Frage, wie sich über die Lektüre
dieser Vorträge ‹Anthroposophie› erarbeiten lässt. Auffallend ist das unablässige Bestreben Rudolf Steiners, den gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Kontext seiner Ausführungen immer mit im Auge zu haben und an den gesunden Menschenverstand der Zuhörenden zu appellieren. Im heutigen Meinungspluralismus sind wir gewohnt, spirituelle Fragen unbedenklich und locker anzugehen, ohne Rechtfertigungen oder solide Begründungen einzufordern. Hier bieten die Vorträge, gerade aus dem zeitlichen Abstand heraus gelesen, eine Technik des Fundierens, die Spirituelles auf gesunde Weise im Leben verankert.